Ein Verein in schweren Zeiten

Die Zeit zwischen den Weltkriegen 1914 – 1945

Deutschland an der Seite mit Österreich-Ungarn kämpfte gegen Frankreich, Großbritannien, Russland und später auch die USA. Der Auslöser für den Ersten Weltkrieg war das Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914 — der Mord am österreichischen Thronfolger. Ab September 1914 lieferten sich die gegnerischen Soldaten über Jahre blutige Kämpfe an der Frontlinie, ohne dass der Krieg wirklich voran ging (Stellungskrieg). Dabei verbrauchten sie eine enorme Menge an Waffen und Munition (Materialschlachten). Außerdem wurden moderne Waffen wie Giftgas und Panzer zum ersten Mal eingesetzt.

Insgesamt forderte der Krieg 17 Millionen Tote. Am 11. November 1918 endete er mit einem Waffenstillstand und der Niederlage des Deutschen Reichs. In Deutschland zerfiel daraufhin die Monarchie und die Weimarer Republik wurde gegründet. Doch der Krieg hatte weitreichende Folgen: Er war ein Grund für das Aufkommen des Nationalsozialismus und schließlich des Zweiten Weltkriegs.

Auch viele junge Männer aus Saarn zogen euphorisch an die Front in der Überzeugung, dass der Krieg nur wenige Monate dauern und erfolgreich gestaltet werden könnte, so wie es in den kriegerischen Auseinandersetzungen mit Frankreich 1870/71 geschehen war. Einige Vereinsmitglieder kehrten schwer verletzt in die Heimat zurück oder fielen an der Front.

Erstaunlicherweise wurde in den Kriegsjahren weiterhin Fußball gespielt. Um dies trotz kriegsbedingter personeller Engpässe zu ermöglichen, wurden Spielgemeinschaften gegründet und anstelle eines Meisterschaftsbetriebes Begegnungen zwischen Städte vereinbart.

Ein Jahr nach Kriegsende (1919) schloss sich Alemania Saarn dem Westdeutschen Spielverband an. 1920 erfolgte der Zusammenschluss mit dem „Turn- und Spielverein“ und man übernahm den Vereinsnamen TuSpo und wechselte die Vereinsfarben in Grün-Weiß. Durch diese Fusion wuchs die Mitgliederzahl erheblich und es wurde ein neues größeres Sportgelände benötigt. Ein altes Ziegeleigelände an der Düsseldorfer Straße, das einer Wildnis glich (heutiger Firmensitz der Rudolf Clauss GmbH & Co. KG. – zwischen Düsseldorfer Straße und der damals nicht existierenden Mintarder Straße),  wurde unter großen Anstrengungen der Mitglieder zu einem Fußballplatz umgewandelt. Bereits zwei Jahre später trennten sich Turner und Kicker wieder.

Der Aufschwung nach dem Krieg führte auch zu guten sportlichen Erfolgen bei Turnieren und in den Meisterschaften. Der Vereinsvorsitz wechselte in der ersten Dekade von Anton van Tintelen, auf Julius Abt zu Albert Lanzloth.

Fußball hatte sich zu einem Zuschauermagneten entwickelt und der RSV zog die Massen zur Platzanlage. Zur Einweihung des Naturstadions in Heimaterde kamen zum Vorspiel der Gauligisten RSV – Gelsenkirchen o7 etwa 10.000 Zuschauer und diese Zahl verdoppelte sich bei der anschließenden Begegnung zwischen dem deutschen Vize-Meister Vorwärts Berlin gegen den Duisburger Spielverein (DSV) (Westdeutscher Meister). Der bis heute gültige Zuschauerrekord eines Fußballspiels in Mülheim an der Ruhr wurde an gleicher Stelle am 02.04.1922 aufgestellt, als ca. 30.000 Besucher zum Ausscheidungsspiel um die Westdeutsche Meisterschaft zwischen dem DSV und Schwarz-Weiß Essen in die Arena kamen.

Unter der Leitung von Max Bergener (1923 – 1928) erfolgte im Jahre 1927 die Vereinigung mit dem Ballspielverein Saarn (Gründungsjahr 1922) zur Spielvereinigung Saarn.

Aus dieser Zeit, den Zwanziger Jahren, stammen die ersten noch vorhanden Fotodokumente, die unter anderem belegen, dass nach dem I Weltkrieg auch der Jugendfußball in einem organsierten Meisterschaftsbetrieb an den Start ging.

Aufnahmen und Berichte zeugen u.a. vom Aufstieg der Ersten Mannschaft im Jahre 1930 in die 2.Bezirksklasse (3 Liga) verbunden mit einer Ausflugsfahrt nach Köln.

Die Einteilung in Spielklassen und deren Bezeichnung unterlag der ständigen Veränderung. In den Jahren bis 1933 waren der Rasensportverein (RSV) und der VfB Speldorf in Mülheim führend, die zeitweise in einer Liga mit Rot-Weiß Essen und Rot-Weiß Oberhausen auf Punktejagd gingen. Eine bzw. zwei Klassen tiefer kickten die Saarner auf Augenhöhe mit z.B. den Rot-Weißen, den Heimaterdlern, den Unionern oder mit Broicher Vereinen und gegen Mannschaften aus den Nachbarstädten.

Mit Karl Imming und Alfred Bußmann wurden in dieser Zeit zwei Saarner in die Stadtauswahl berufen, wo sie an der Seite von Torwartlegende Fritz Buchloh (VfB Speldorf, 17 Länderspiele, Olympiateilnehmer und nach dem Krieg Nationaltrainer von Island) das Spielfeld betraten.

Der Rückblick auf das Jahr 1933 fällt zwiespältig aus. Zum einen wurde das 25-jährige Vereinsjubiläum fröhlich gefeiert, zum anderen wurden auf politischen Druck der Nazi-Herrschaft alle Saarner Sportvereine zu einem Großverein zusammengeschlossen. Nach dem ältesten Verein benannt, galt nun die Bezeichnung „Saarner Turnverein 1894“. Ohne Zweifel war diese Vereinigung keine Liebesheirat und die sportlichen Erfolge des Großvereins hielten sich in Grenzen. Diese Zeit des Großvereins ist kaum dokumentiert und es fehlen Belege und Berichte.

Fest steht, dass in den 20er Jahren auch Handball im Verein gespielt wurde, der heutige DJK VfR Saarn aber die dominantere Rolle im Stadtteil spielte. Handballsport in jener Zeit bedeutete, dass 11 gegen 11 Spieler auf dem Fußballplatz mit 7m Toren antraten. Die Mannschaften aus Mülheim waren nationale Spitze. Der RSV, der Mellinghofer Turnverein (MTV) und die DJK Styrum o6 errangen mehrere deutsche Meisterschaften. Hallenhandball lief erst Jahrzehnte später dem Feldhandball den Rang ab.

Hand- und Fußballer waren seit ihrer Gründungszeit oftmals ein festes Gespann. Nicht selten war z.B. ein und derselbe Spieler Torwart in beiden Disziplinen. Wolfgang Florett (langjähriges Mitglied) war für unseren Verein am Wochenende in beiden Sportarten mehrfach auf dem Platz als Keeper beschäftigt.

Wenn man es großzügig betrachtet, können wir sogar mit Stolz behaupten, dass einst ein Olympiasieger bei TuSpo seine sportliche Karriere begonnen hat. Hans Keiter (eigentlich Johannes Ferdinand Keiter) wurde am 22. März 1910 in Mülheim geboren und spielte in jungen Jahren Fußball bei uns, bevor er die Sportart und den Verein zunächst Richtung DJK Saarn wechselte und später zum RSV ging. Als Kapitän der Feldhandballnationalmannschaft führte er das Team überlegen zum Olympiasieg 1936 gegen Österreich (10:6).

Die deutschen Fußballer konnten dagegen die hohen Erwartungen in Berlin nicht erfüllen und schieden in der Zwischenrunde nach einer Niederlage gegen Norwegen aus. Gold ging übrigens an Italien, welches Österreich im Endspiel mit 2:1 bezwang.

Fußball hatte sich innerhalb weniger Jahre zum Volkssport Nummer eins entwickelt und erfreute sich großer Beliebtheit. Auch Spiele in den unteren Ligen wurden oftmals von mehreren hundert Zuschauern besucht, wobei dem Publikum verglichen mit heutigen Verhältnissen wenig „Service“ geboten wurde. Die Fußballplätze lebten weiter vom Engagement und Pioniergeist der Mitglieder, die alles in Eigenleistung errichten und in Schuss halten mussten. Der Zusammenschluss zum Großverein läutete eine unheilvolle Zukunft ein und wenige Jahre später herrschte Tod, Krieg und Zerstörung in Europa, entfacht von einer fehlgeleiteten deutschen Ideologie.